Mit den richtigen Fragetechniken lässt sich mehr Klarheit für etwas schaffen. Und sie helfen andere Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst weiterzuentwickeln. Auch wenn wir diese oftmals schon intuitiv nutzen ist es hilfreich, diese nochmal näher zu betrachten.
Im Rahmen von Coachinggesprächen werden sehr oft bestimmte
Fragetechniken genutzt, um dem Coachee zu mehr Klarheit zu verhelfen, ein
wesentliches Ziel eines Coachings. Doch auch in Gesprächen mit Mitarbeitern,
unter Kollegen oder im privaten Umfeld können solche Fragen in mancher
Situation enorm unterstützend wirken. Einige der für mich wichtigsten Fragen
stelle ich Dir hier vor.
Skalierungsfrage
Die am einfachsten und
in jeder Situation sehr leicht anwendbare Frage ist die Skalierungsfrage. Mit
ihr bekommst Du sehr schnell ein Gefühl davon, welchen Stellenwert etwas für einen
Menschen hat. Am besten ist es mit einer einfachen Skala von 0 (nicht gut) bis
10 (perfekt) zu arbeiten. Es lassen sich damit auch Diskrepanzen zwischen
verschiedenen Sichtweisen eruieren (siehe dazu zirkuläre Frage).
Beispiele:
- „Wie schwierig beurteilst Du das Problem auf einer Skala von 1-10?“
- „Wie beurteilst Du die Lösung auf einer Skala von 1-10?“
- „Wie bist Du mit XY zufrieden auf einer Skala von 1-10?“
Paradoxe Frage
Paradoxe Fragen stellen die Denkrichtung einmal komplett auf den Kopf. Von einer solchen Frage ist Dein Gegenüber sicher erstmal sehr überrascht. Genau das löst aber Denkblockaden und hilft die Perspektive zu wechseln und die Sache von der ganz anderen Richtung zu betrachten.
Beispiele:
- „Was wäre notwendig, damit das Problem noch schlimmer wird?“
- „Was wäre notwendig damit wir uns nicht nach vorne, sondern zurückentwickeln?“
- „Was könnten wir tun, um den Konflikt zu intensivieren?“
Hypothetische Frage (Wunderfrage)
Mit der hypothetischen Frage öffnen sich automatisch die Grenzen im Denken. Du ermöglichst Deinem Gegenüber damit alles als Antworten loszuwerden, was seinem Kopf herumschwirrst. Alles darf sein, da es ja sowieso „nur hypothetisch ist“. Der Wert liegt darin, dass die Ideen in den Antworten dann aber oft gar nichts so hypothetisch sind und schon sehr nah an einer möglichen Lösung liegen.
Beispiele:
- „Wenn Du Dir etwas wünschen dürftest, wie könnte die Lösung dann aussehen?“
- „Wenn Du Dir etwas wünschen dürftest, wie wäre denn die Zusammenarbeit mit XY?“
- „Wenn Du Dir etwas wünschen dürftest, was bräuchtest Du?“
Zirkuläre Frage
Mit der zirkulären
Frage ändert sich die Perspektive Deines Gegenübers grundlegend. Du bringst ihn
damit direkt aus seiner Denkwelt heraus und ermöglichst es ihm die Sichtweise
von einer ganz anderen Stelle zu sehen. Das ermöglicht einerseits, andere besser
zu verstehen zu können und andererseits neue Ideen zu entwickeln.
Beispiele:
- „Was würde wohl Dein Kollege zu dieser Situation sagen?“
- „Was würde wohl Dein Hund dazu sagen?“ (auch das funktioniert sehr gut)
- „Was würde wohl Dein Vater an Deiner Stelle tun?“
Das Ganze lässt sich
auch sehr gut mit Skalierungsfragen kombinieren, um Diskrepanzen zu eruieren:
- Frage 1 „Wie beurteilst Du die Lösung auf einer Skala von 1-10?“
- Frage 2 „Wie würde wohl Dein Kollege die Lösung beurteilen auf einer Skala von 1-10?“
- Frage 3 „Was glaubst Du, macht den Unterschied zwischen der Beurteilung Deines Kollegen und Deiner aus?“
Reframing Frage
Mit Reframing wird eine
Situation, ein Wort, eine Aussage usw. umgedeutet. Auch das ermöglicht es die
eigene Denkwelt zu verlassen und neue Sichtweisen auszuprobieren. So können aus
Problemen herausfordernde Chance oder aus Konflikten Möglichkeiten zur
Entwicklung werden.
Beispiele:
- „Was würde ein anderer Mensch darüber denken, wenn er das Problem als Chance sehen würde?“
- „Was würde ein anderer Mensch darüber denken, wenn er den Konflikt für eine Möglichkeit zur eigenen Entwicklung sehen würde?“
Ressourcenorientierte Frage
Die
ressourcenorientierte Frage bringt Deinen gegenüber in eine Situation, in der
er schon einmal mit einer ähnlichen Situation zu tun hatte. Ziel ist es
herauszufinden, wie er die Situation oder das Problem damals gelöst hat. Das
bringt ihn schon in die Richtung von ersten Ideen für die aktuelle Situation.
Beispiele:
- „Was hast Du damals getan, als Du in dieser ähnlichen Situation warst?“
- „Was war damals im Vergleich zu heute anders, damit Du das Problem lösen konntest“?
Leistungsorientierte Frage
Mit der
lösungsorientierten Frage kannst Du Deinen Gegenüber direkt nach vorne
katapultieren. Er verlässt gedanklich die Problemsituation und denkt über
mögliche Lösungen nach. Es muss nicht immer die Komplettlösung sein. Auch
Fragen nach ersten Ideen für Teilschritte können hilfreich sein. Denn haben wir
erst einmal eine erste Idee im Kopf, folgt meist auch schon bald die zweite,
dritte usw.
Beispiele:
- „Wie könnte eine mögliche Lösung aussehen?“
- „Was wäre ein erster Schritt für eine mögliche Lösung?“
- „Wen könntest Du Fragen, der vielleicht eine Lösung kennt?“
Gefühlsfrage
Die Gefühlsfrage ist
die für mich wichtigste Frage überhaupt. Das Gefühl in uns ist der Navigator
auf unserem Weg. Haben wir gute Gefühle sind wir auf dem richtigen Weg, haben
wir schlechte Gefühle, stimmt etwas nicht, und wir befinden uns auf dem
falschen. Daher sehe ich es gerade für Leader als sehr wichtig an, immer wieder
nach dem Gefühl zu fragen. Das muss nicht sehr emotional ausformuliert sein, es
geht auch anders. Der Vorteil ist, dass wir dadurch Menschen direkt im Herzen
erreichen und ansprechen. Sie fühlen sich dadurch wertgeschätzt und gesehen und
wir bekommen eine Information darüber, ob etwas gut oder schlecht für sie ist.
Beispiele:
- Emotionale Variante: „Wie fühlt sich das für Dich an?“
- Weniger emotionale Variante: „Wie geht es Dir damit?“
Fragen an Dich
Die zuvor genannten
Fragen habe ich nun im Kontext von Coaching oder Gesprächen mit anderen
Menschen vorgestellt. Doch Du kannst diese Fragen auch sehr gut im Gespräch mit
Dir selbst anwenden. Ich nutze diese Fragen auch sehr oft, um mir selbst
Klarheit zu verschaffen oder etwas zu strukturieren. Probiere es aus.
Welche Fragen hast Du bisher schon genutzt und welches ist Deine Lieblingsfrage? Schreib mir dazu gerne einen Kommentar. Ich freue mich!